(Aachen, 25. Oktober 2006): Fruchtzucker, zu viel Fett und Alkohol kann die Leber massiv schädigen und der Darm braucht mehr Nahrungsfasern und lebende Milchsäurebakterien, um gesund zu bleiben, betonte Ernährungsexperte Sven-David Müller-Nothmann vom Zentrum für Ernährungskommunikation und –beratung (ZEK) kürzlich bei einem Kongress an der RWTH Aachen. Für Leberpatienten hat er jetzt das Buch „Köstlich essen für Leber und Galle“ herausgebracht. Im Bereich der Gastroenterologie kommt den Probiotika eine immer größere Bedeutung zu. Viele Fälle von Gastritiden sind auch eine Helicobacter pylori Infektion zurückzuführen. Die Gabe von Probiotika scheint hier positive Effekte zu haben. Bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind allergische Aspekte sowie Dysbiosen im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten. Die Gabe von Escherichia Coli Stamm Nissle hat bei CED positive Aspekte und wasserlösliche Ballaststoffe spielen im symptomfreien Intervall eine immer größere Rolle. Außerdem bilden wasserlösliche Ballaststoffe das Substrat für eine Reihe von physiologischen Bakterien der Darmflora. Grundsätzlich ist Morbus Crohn, der in der Regel im Dünndarm manifestiert mit einer unzureichenden Laktaseaktivität zu rechnen. Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Kortisontherapie ist der Konsum von gesäuerten Milchprodukten sinnvoll, die die Kalziumresorption optimieren und besser verträglich sind als Trinkmilch-Produkte. Bei entzündlichen Erkrankungen ist die Gabe von Omega-3-Fettsäuren (beispielsweise Ameu) sinnvoll. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist der Zink-Bedarf erhöht und die Zinksubstitution hat sich insbesondere bei therapierefraktären Fällen bewährt. Da organische Zinkverbindungen anorganischen überlegen sind, sollte die Verbindung Zinkhistidin (beispielsweise Curazink) bevorzugt werden. Grundsätzlich sind CED-Patienten gefährdet eine Mangelernährung zu entwickeln, die weit über ein niedriges Gewicht hinausgeht. Viele Patienten leiden auch unter einem ausgeprägten Eisen-Mangel.
Beim so genannten Colon irritabile (Reizdarm) ist es sinnvoll, in Abhängigkeit von der Stuhlfrequenz und –konsistenz Laktose zu substituieren und die Gabe von Pfefferminzöl sowie wasserlösliche Ballaststoffen (beispielsweise Mucofalk) erscheint sinnvoll. Dagegen sollten Füllstoffe gemieden werden. Viele Reizdarm-Patienten leiden unter unspezifischen Unverträglichkeitsreaktionen und bei ihnen ist eine Fehlbesiedlung des Dickdarms feststellbar. Diese sollte durch Probiotika ausgeglichen werden. Probiotika sind Milchsäurebakterien, die den Dickdarm größtenteils lebend erreichen. Sie sind reichlich in milchsauer vergorenem Gemüse, Joghurt und Brottrunk enthalten. Bei Milchzuckerunverträglichkeit, die heute über einen H2-Atemtest diagnostiziert wird, ist die Einhaltung einer milchzuckerarmen/-freien Ernährungsweise sinnvoll. Im Markt gibt es eine Reihe von milchzuckerreduzierten Produkten, die in die diätetische Therapie einbezogen werden können. Außerdem ist es eine Möglichkeit Laktase zu substituieren. Bei Zöliakie/Sprue wird in der Regel Hafer gut vertragen. Insgesamt ist wichtig, dass glutensensitive Patienten lebenslang – auch beim Ausbleiben einer Symptomatik auf Glutenbelastung – eine glutenfreie Ernährungsweise einhalten, um das Krebsrisiko zu minimieren.
In der Hepatologie kommt der diätetischen Therapie der Fettleber immer mehr Bedeutung zu, da diese in ihrer Auswirkung bisher unterschätzt wurde. Aktuelle Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass Fruchtzucker die Ausbildung einer Fettleber unterstützen kann. Alkohol und zu viel Fett schädigen ebenfalls die Leber und führen zur Verfettung des Organs. Die Therapie einer Leberzirrhose bezieht erst dann diätetische Maßnahmen ein, wenn die Zirrhose ins dekompensierte Stadium übergegangen ist. Hier ist insbesondere durch eine hyperkalorische Ernährung die Katabolie zu vermeiden. Die Proteinzufuhr muss so hoch sein, dass es nicht zur Katabolie kommt und andererseits eine hepatische Encephalopathie nicht unterhalten wird. Die Protein-Aufnahme sollte 0,5 Gramm nur kurzfristig unterschreiten und dauerhaft bei rund 1,0 Gramm pro Körperkilogramm liegen. Die Gabe von verzweigtkettigen Aminosäuren (0,25 g pro Körperkilogramm) hat sich bewährt, um die Aminosäure-Imbalance (mit zu viel aromatischen Aminosäuren – Stichwort Blut-Hirn-Schranke) auszugleichen und gleichzeitig den Ernährungsstatus zu verbessern. Verzweigtkettige Aminosäuren können als Arzneimittel substituiert werden. Das Vorliegen eines Ascites ist einige der wenigen Indikationen für die Beschränkung der Natriumzufuhr, die es heute noch gibt. Bei Leberzirrhose ist die Gabe von bestimmten Mikronährstoffen (insbesondere Zink) sinnvoll. Eine leberschonende Ernährungsweise lässt der Leber wöchentlich mindestens zwei alkoholfreie Tage! Und der Darm benötigt jeden Tag reichlich Ballaststoffe und lebende Milchsäurebakterien aus frischem Sauerkraut, probiotischem Joghurt oder Brottrunk, betonte Müller-Nothmann, der Leberpatienten abschließend sein neues Buch „Köstlich essen für Leber und Galle“ empfahl.
Patientenliteratur:
Köstlich essen für Leber und Galle, Christiane Weißenberger und Sven-David Müller-Nothmann, TRIAS Verlag, 20,99 Euro
Kalorien-Nährwert-Lexikon, Katrin Raschke und Sven-David Müller, Schlütersche Verlagsgesellschaft
Literatur:
Beim Verfasser
Praxis der Diätetik und Ernährungsberatung, Hippokrates Verlag
Berufspraxis für DiätassistentInnen und Diplom OecotrophologInnen, Hippokrates Verlag